Hungertote in Guatemala

In Guatemala hat Präsident Alvaro Colom wegen einer Hungersnot den nationalen Notstand erklärt. 462 Menschen sind bereits verhungert. 49 Prozent der Kinder unter fünf Jahren in Guatemala sind unterernährt. Die hungernden Kinder gehören fast ausschließlich den indigenen Völkern Guatemalas an., Die Hungersnot in Guatemala ist ein trauriges Beispiel dafür, dass Hunger von Menschen gemacht wird. Denn Guatemala ist ein üppiges tropisches Land, das auch bei vorübergehenden, regionalen Dürren genug Lebensmittel für seine Bevölkerung bereit stellen kann. Dennoch verhungern Menschen, weil sie zu arm sind, sich die Lebensmittel zu kaufen. Der guatemaltekische Staat hat darin versagt, seine verletzlichsten Bevölkerungsgruppen sozial ab zusichern und sie so vor dem Hungertod zu bewahren.

Keine Unterstützung der indigenen Bevölkerungsgruppen

Colom hatte im Januar 2008 die Präsidentschaft des Landes übernommen und damals unter dem Slogan "Sozialdemokratie mit dem Antlitz der Maya" eine bessere Armutsbekämpfung angekündigt. Doch die Hungersnot zeigt, dass das Vorzeigeprogramm seiner Regierung zur Bekämpfung des Hungers und der Armut, das von seiner Frau geleitet wird, in eineinhalb Jahren keine Veränderungen gebracht hat.   

Bei seiner Fernsehansprache gab der Präsident zu, dass der Hunger eine Folge der sozialen Unterschiede sei. Im Wahlkampf hatte er versprochen, das Steuereinkommen Guatemalas, das mit 9 Prozent das niedrigste in Lateinamerika ist, auf 18 Prozent zu verdoppeln, um damit Sozialprogramme zu finanzieren. Bisher ist jedoch nichts geschehen. Es scheint, dass der Präsident es nicht wagt, sich mit den mächtigsten Unternehmern des Landes anzulegen. Die größte Ureinwohner-Organisation des Landes, CONIC, kritisierte den Präsidenten für seine exportorientierte Agrarpolitik, die den Anbau von Palmöl und Zuckerrohr unterstützt, den indigenen Völkern hingegen das Recht auf Land verweigert.

Orientierung am Menschenrecht auf Nahrung

Bauern- und Indigenenorganisationen Guatemalas fordern schon lange eine nachhaltige Agrarpolitik, die die Menschenrechte respektiert. Hierzu muss endlich die eklatante Diskriminierung der indigenen Bevölkerung beendet werden. Die ungerechte Landverteilung muss korrigiert und die kleinbäuerliche Landwirtschaft gestärkt werden. Guatemala braucht eine Agrarwende, die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern unterstützt und damit die lokale Nahrungsmittelproduktion fördert. Einen hervorragenden Referenzrahmen bilden hierfür die freiwilligen Leitlinien zur Umsetzung des Menschenrechts auf Nahrung, die fast alle Staaten bei einer Konferenz der Welternährungsorganisation im Jahr 2004 verabschiedeten.

Dies ist auch für die Entwicklungszusammenarbeit mit Guatemala entscheidend: Die EU und die Bundesregierung dürfen nicht nur einfach Nothilfe leisten – nur Lebensmittel verteilen ist nicht nachhaltig - sondern sollten den guatemaltekischen Staat drängen, seine Versprechen einer Steuerreform nun auch wahrzumachen und eine Agrarreform anzugehen, die die Rechte der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern stärkt.