Reform der Europäischen Zuckermarktordnung

Zur Entscheidung der EU über die Reform der Europäischen Zuckermarktordnung erklären Ulrike Höfken, Sprecherin für Verbraucher- und Agrarpolitik, und Thilo Hoppe, Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit (beide Bündnis 90/ Die Grünen).

Die Einigung zur Zuckermarktreform ist ein wichtiger Schritt und ein Signal für die stockenden WTO-Verhandlungen. Die Reform war nötig wegen des WTO-Zuckerpanels vom April dieses Jahres, das den subventionierten Export von vier Millionen Tonnen Zucker als nicht weiter zulässig angesehen hat.

Allerdings muss die EU im Hinblick auf die Entwicklungsländer nachbessern. Denn die EU hat kräftige Einschnitte in ein überkommenes Zuckerregime beschlossen, ohne dabei die Entwicklungsländer zu überzeugen. Auch für viele der kleinen und mittelständischen Betriebe Deutschlands wird die Reform der Zuckerproduktion Einschnitte bedeuten. Dafür werden sie von der EU mit 64 Prozent ihrer Einbußen entschädigt.

Schrittweise soll bis 2010 der EU-Zuckerpreis, der ein Vielfaches über dem Weltmarktpreis liegt, um 36 Prozent gestutzt werden. Am besten kommen bei der Reform die europäischen Zuckerfabriken davon, die mit sieben Milliarden Euro reichlich entschädigt werden. Gewinnen werden darüber hinaus neben Brasilien jene Entwicklungsländer, die aufgrund ihrer Wettbewerbsfähigkeit am internationalen Markt die Anteile übernehmen können, die durch den Rückgang der hochsubventionierten EU-Exporte frei werden. Allerdings ist es sehr fraglich, ob damit eine Armutsreduzierung einhergeht.

Die größten Verlierer der Reform der ZMO werden die Entwicklungsländer sein, die bisher als ehemalige Kolonien Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Länder) zu besonderen Bedingungen in die EU liefern konnten. Auch die ärmsten Länder (LDCs), denen ab 2009 eine vollkommene Marktöffnung zu hohen Abnahmepreisen in Aussicht gestellt war, werden verlieren. Die 40 Millionen Euro, die den betroffenen AKP-Staaten im nächsten Jahr als Entschädigung zur Kompensation der Einkommensausfälle zukommen werden, erscheinen viel zu gering.

Ob die jetzige Reform tatsächlich dafür taugt das EU-Zuckerdumping von jährlich mehr als 5 Millionen Tonnen zu stoppen bleibt fraglich. Zumindest für eine lange Übergangszeit wird dem WTO-Schiedsspruch, der von der EU eine weitergehende Exportreduzierung verlangt, nicht entsprochen.

Deshalb geht auch kein klares positives Signal auf das in zwei Wochen beginnende WTO-Ministertreffen in Hongkong aus. Den AKP-Ländern werden im Gegensatz zur europäischen Zuckerindustrie kaum Umstrukturierungshilfen angeboten, obwohl sie mit Einkommenseinbußen von jährlich ca. 500 Millionen Euro zu rechnen haben. Auch die ärmsten Länder werden nicht unterstützt. Viele werden zu den niedrigeren Preisen überhaupt nicht liefern können, den Wettbewerbsfähigsten unter den ärmsten Ländern wird von 2009 bis 2020 ein Importriegel vorgeschoben, wenn sie ihren jährlichen Exporte in die EU um mehr als 25 Prozent steigern sollten.

Wir fordern eine konsequente Unterstützung der AKP-Länder und der LDCs beim nachhaltigen Umbau ihrer Zuckerwirtschaften. Dafür sollen die bisher in der EU als Haushaltsmittel für die Exportsubventionen eingesetzten 800 Millionen Euro verwendet werden. Mit ihnen gilt es den Wandel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft in den betreffenden Ländern zu finanzieren. Außerdem muss die EU mit dem versprochenen bedingungslosen Marktzugang für die ärmsten Länder ab 2009 Ernst machen, ohne gleich wieder eine 25 Prozent-Klausel nachzuschieben. Nur dann wird die EU-Zuckermarktreform auch bei den Süd-Partnern in der WTO-Entwicklungsrunde als Reformanstrengung Verständnis finden.