Potenziale der Diasporagemeinden in Deutschland für die Entwicklungspolitik besser nutzen!

Zur öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am 26.5.2004 im Deutschen Bundestag erklärt Thilo Hoppe, entwicklungspolitische Sprecher: Millionen von Hochqualifizierten wandern Jahr für Jahr aus den Entwicklungs- und Schwellenländern aus und finden gut bezahlte Jobs in den Industrienationen. Dass dieser "brain drain" für die Herkunftsländer oft verheerende Auswirkungen hat, ist bekannt und am Beispiel des südafrikanischen Gesundheitswesens besonders anschaulich. Doch dass, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, von den Migranten auch sehr positive Entwicklungsimpulse auf die Herkunftsländer ausgehen können, hat die heutige Anhörung im Deutschen Bundestag deutlich gemacht. Viele Migranten aus Entwicklungs- und Schwellenländern tragen durch Rücküberweisungen, Investitionen und dem Transfer von know-how stark zur Erhöhung der Wirtschaftskraft ihrer Heimatländer bei. Die Rücküberweisungen aus der Diaspora in die Herkunftsländer steigen ständig und machen weltweit gesehen mittlerweile fast das Doppelte sämtlicher Entwicklungshilfe-Leistungen aus. Nach den USA und Saudi Arabien liegt Deutschland bei den Rücküberweisungen der Diasporagemeinden in die Herkunftsländer an dritter Stelle. Dahinter stehen nicht nur Überlebenshilfen innerhalb von Familienverbänden, sondern auch vielfältige entwicklungsorientierte Initiativen. Die bei uns lebenden Migranten sind ein rasch wachsender Faktor zur Erweiterung und Vertiefung der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen zwischen Zuwanderungs- und Herkunftsland geworden. Nationale Zuwanderungspolitik hat damit auch eine eminent entwicklungspolitische Dimension und sollte so gestaltet werden, dass sie sowohl für das Zuwanderungsland als auch für die Herkunftsländer positive Effekte auslöst. Aufgrund der neuen Kommunikationsmittel ist der know-how-Transfer nicht mehr eng an die dauerhafte Rückkehr von Fachkräften in ihre Herkunftsländer gebunden. Damit noch stärker aus dem "brain drain" ein "brain gain" werden kann, muss mehr Mobilität in beide Richtungen ermöglicht werden. Dazu ist es notwendig, Kommunikationsstränge auszubauen, Reisebeschränkungen zu lockern und die hohen Kosten für Kapitaltransfers zu senken. Für Deutschland ist es dringend geboten, eine eigene Diasporapolitik auf- und auszubauen und sie in die Zuwanderungspolitik zu integrieren. Je erfolgreicher die Diasporagemeinden in Deutschland sind, umso stabiler sind die Brücken, die sie für Deutschland in den globalen Beziehungen bauen. Für die Entwicklungszusammenarbeit gilt es, ein Konzept zu entwickeln, das eine bessere Vernetzung von entwicklungspolitischen Maßnahmen mit unternehmerischen Tätigkeiten und gemeinnützigen Aktivitäten der Diasporagemeinden in den Herkunftsländern erlaubt. Im internationalen Bereich sollten die UN-Bestrebungen zur Erarbeitung eines Regelwerks für eine geordnete legale Migration von deutscher Seite nach Kräften unterstützt werden.