Hoppe wirbt um Dialogbereitschaft gegenüber neuer bolivianischer Regierung

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Von Chancen und Risiken der aktuellen Entwicklung in Bolivien berichtete jetzt der Auricher Bundestagsabgeordnete Thilo Hoppe vor dem außenpolitischen Arbeitskreis der grünen Bundestagsfraktion in Berlin. Hoppe hatte in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Entwicklungsausschusses des Deutschen Bundestages kürzlich zusammen mit Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul Bolivien bereist und sich dabei auch zu einem längeren Gespräch mit dem neuen Staatspräsidenten Evo Morales getroffen.

Dass mit dem Aymara-Indianer Morales zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ein Vertreter der indigenen Bevölkerungsmehrheit zum Staatschef gewählt worden sei, habe in Bolivien eine Euphorie und Aufbruchstimmung erzeugt, die nur mit dem Ende der Apartheid und der Amtsübernahme von Nelson Mandela in Südafrika zu vergleichen sei, meinte Hoppe.

Der Erwartungsdruck, der auf Morales laste, sei jedoch so groß, dass der Euphorie auch schnell Enttäuschung folgen könne. Die verarmte indigene Bevölkerungsmehrheit habe das Gefühl, nach mehr als 500 Jahren Unterdrückung und Fremdbestimmung durch die weiße Oberschicht endlich an die Macht gekommen zu sein und erhoffe sich davon eine schnelle Verbesserung ihrer desolaten wirtschaftlichen Lage, erklärte Hoppe.

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Foto 1: Ende 2004 hatten sich Evo Morales, damals noch bolivianischer
Oppositionsführer, und Thilo Hoppe schon einmal getroffen.
Jetzt gab es ein Wiedersehen im Präsidentenpalast von La Paz.

Auf Empörung stoße in Bolivien, dass die Ausbeutung der Bodenschätze des Andenstaates bisher immer überproportional den dort tätigen transnationalen Konzernen zu Gute gekommen sei und sich kaum armutsmindernd für die bolivianische Bevölkerung ausgewirkt hätte.

Eine stärkere Beteiligung Boliviens an den Gewinnen aus dem Export bolivianischen Erdgases hätten im Präsidentschaftswahlkampf nicht nur Evo Morales und seine Partei "Bewegung zum Sozialismus" gefordert – sondern ebenso auch seine beiden Hauptkonkurrenten aus dem bürgerlichen Lager, berichtete Hoppe.

Das, was am 1. Mai als Verstaatlichung des Gas- und Ölsektors in Bolivien durch die Weltpresse gegangen sei, könne eher als ein Akt symbolischer Politik bezeichnet werden, meint Hoppe. Die von Morales auf die Gasfelder geschickten Regierungssoldaten hätten sich darauf beschränkt, Transparente zu entrollen und der ungeduldigen Bevölkerung zu zeigen, dass sich jetzt etwas ändern werde.

Morales habe angekündigt, mit den in Bolivien tätigen transnationalen Konzernen neue Verträge aushandeln zu wollen. Nur wenn dies in den nächsten sechs Monaten nicht gelänge, behalte sich die Regierung weitergehende Schritte bis hin zu Enteignungen vor. Hoppe wertet dies als "Drohgebärde", um für Bolivien günstige Konditionen auszuhandeln. "Morales weiß, dass er ohne ausländische Investoren große wirtschaftliche Probleme bekommen würde", so Hoppe.

Die neue bolivianische Regierung hätte große Ideale und Visionen, befinde sich aber noch in der Orientierungsphase. Nahezu alle Minister und Staatssekretäre hätten keine Regierungserfahrung mitbringen können, berichtete Hoppe. Seiner Meinung nach käme es jetzt in der Entwicklungszusammenarbeit auf echte Dialogbereitschaft und die Fähigkeit zum interkulturellen Dialog an, der auch eine Wertschätzung der indianischen Kultur beinhalten müsse. Die neue bolivianische Regierung würde Arroganz und Bevormund von außen verabscheuen, eine Partnerschaft auf Augenhöhe jedoch ausdrücklich suchen. Sie wolle sich vom neoliberalen Kurs ihrer Vorgänger verabschieden ohne die Planwirtschaft Kubas zu kopieren.

Man suche den "eigenständigen bolivianischen Weg", der so etwas wie eine Marktwirtschaft mit starker Intervention des Staates zur Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte und zum Schutz von Pachamama, der Mutter Erde, sein könnte und traditionellen indianischen Elementen der Partizipation an Entscheidungsfindungen mehr Raum gebe. Im Rahmen ihrer einwöchigen Bolivienreise besuchten Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul und Thilo Hoppe mehrere Projekte in La Paz, Cochabamba und am Titicacasee. Beim Besuch des Berufsausbildungszentrums eines SOS-Kinderdorfs in Cochabamba führten Jugendliche traditionelle indianische Tänze vor und luden die Gäste aus Deutschland auch zum Mitmachen ein.

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Foto 2: Nach dem Austausch von Geschenken – selbst gebastelte Textilbilder
für die Gäste aus Deutschland, Fußballtrikots und Bälle für die Bolivianer –
luden Jugendliche aus einem SOS-Kinderdorf in Cochabamba Entwicklungs-
ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul und Thilo Hoppe zum Rundtanz ein.

Wieczorek-Zeul und Hoppe stimmten darin überein, dass die Entwicklungszusammenarbeit mit Bolivien besonders im Bereich der ökologisch angepassten Bewässerung von Feldern für Kooperativen von Kleinbauern ausgeweitet werden sollte. Hoppe will sich darüber hinaus dafür einsetzen, dass  eine verstärkte deutsch-bolivianische Zusammenarbeit bei der Umsetzung und auch Einklagbarkeit des Rechtes auf Nahrung sowie im fairen Handel angestrebt wird.