Entwicklungspolitik unter Minister Niebel: Nur lautstark statt global gerecht

Zum heute von Terre des Hommes und der Welthungerhilfe vorgestellten Bericht "Die Wirklichkeit der Entwicklungspolitik 2012" erklären Ute Koczy, Sprecherin für Entwicklungspolitik, und Thilo Hoppe, Sprecher für Welternährung:

Der Bericht belegt: Entwicklungsminister Niebel wird der globalen Wirklichkeit nicht gerecht. Es gibt viel heiße Luft und Getöse um einzelne Initiativen, wie dem sogenannten liberalen Entwicklungskonzept des BMZ, dem Menschenrechts-TÜV, den öffentlichen Entwicklungszusagen oder der Kohärenz. Es fehlt ein entwicklungspolitisches Gesamtkonzept der Bundesregierung. Durch die Abkehr von der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit und die Überbetonung der Wirtschaft konterkariert das BMZ seine eigenen Zielsetzungen.

Niebel hat sich nie wirklich für das 0,7-Prozent-Ziel bis 2015 eingesetzt. Ihm bleibt daher nichts anderes übrig, als die Höhe der Entwicklungsgelder gegen die Wirksamkeit von Entwicklungspolitik auszuspielen. Dabei zeigt der Bericht deutlich die mangelhafte Umsetzung der Wirksamkeitskriterien durch das BMZ. Es gibt nach wie vor zu wenig Anerkennung der Eigenverantwortung von Partnerländern, überdurchschnittlich hohe Lieferbindungen mit 27 Prozent in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit und zu wenig Transparenz in der Entwicklungsfinanzierung. Trotz anderer Ansagen fremdelt Niebel mit der Zivilgesellschaft, statt sie als Partnerin in den Diskurs über die Zukunft der Entwicklungspolitik einzubeziehen.

Als wichtigste globale Herausforderungen der Gegenwart benennt der Bericht die globalen Machtverschiebungen, das Auseinanderklaffen des Wohlstands zwischen den Staaten des Südens, und dort vor allem innerhalb der Staaten, sowie ökologische Probleme. Auf die zunehmende Zahl der Akteure in der internationalen Zusammenarbeit muss endlich reagiert werden. Es muss mehr Abstimmung mit den internationalen Partnern, mehr Eigenverantwortung der Entwicklungsländer und mehr Kohärenz im außenpolitischen Handeln von Deutschland geben. Das liberal geführte BMZ entfernt sich davon immer weiter.