Thilo Hoppes Rede zur Finanzierung der Millenniums-Entwicklungsziele

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Frau Kollegin Weiss, ich möchte Ihren Appell gerne aufnehmen. Sie haben Ehrlichkeit eingefordert. Es gab im Ausschuss eine heftige Debatte über Glaubwürdigkeit. Ich möchte hier gerne klarstellen, dass ich keiner Kollegin und keinem Kollegen aus dem Entwicklungsausschuss unterstellen würde, sich nicht für die Erreichung der Millenniumsziele und auch für die Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels voll einzusetzen. Aber zur Ehrlichkeit gehört auch – das betone ich; ich habe das bereits im Rahmen der letzten Haushaltsdebatte getan und will das gerne wiederholen –, dass bisher alle Bundesregierungen das vollmundige Versprechen, diesen Pfad zu beschreiten und das 0,7-Prozent-Ziel zu erreichen, nicht mit den notwendigen Haushaltszahlen unterlegt haben.

 (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das ist also Anlass zur Kritik und auch zur Selbstkritik. Dieses Theater mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen können wir uns wirklich schenken.

(Harald Leibrecht [FDP]: Wir dürfen aber keine Geschenke annehmen!)

Zur Wahrheit gehört auch, dass es sehr schwer ist, das 0,7-Prozent-Ziel zu erreichen. Aber ich möchte denjenigen heftig widersprechen, die sagen, es sei unmöglich und unrealistisch. Wenn wir die Zahlen genau betrachten, dann sehen wir, dass im Haushalt 2011 – die Zahlen liegen ja schon vor – für die Finanzierung der MDGs 4 Milliarden Euro fehlen. Ich lasse mir von niemandem sagen, dass es unrealistisch ist, diesen Betrag aufzubringen. Denn es war zum Beispiel in der letzten Legislaturperiode möglich, einmal eben aus dem Handgelenk über Nacht 5 Milliarden Euro für eine Abwrackprämie zur Verfügung zu stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])

Sie haben von der Fahne gesprochen, die wir hochhalten sollen. Vielleicht können wir sie ja gemeinsam hochhalten. Wir sind uns im Entwicklungsausschuss ja einig. Wir müssen aber auch zugeben, dass es an einer falschen Prioritätensetzung jeweils im Gesamtkabinett gescheitert ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Erreichung der 0,7 Prozent ist weder an Heidemarie Wieczorek-Zeul gescheitert noch jetzt an Dirk Niebel – beide wären dankbar über mehr Geld in ihrem Etat gewesen –, sondern an Fehlentscheidungen des Gesamtkabinetts und des jeweiligen Haushaltsausschusses. Wenn wir, die Entwicklungspolitikerinnen und Entwicklungspolitiker aller Fraktionen, wirklich gemeinsame Sache machen würden, wenn wir wirklich Rückgrat hätten, dann würden wir jetzt ganz energisch einfordern: Die Versprechen müssen eingehalten werden. Es ist möglich, es ist finanzierbar. Es kommt einzig und allein auf die Prioritätensetzung an.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann könnte unser Ausschuss wirklich Profil gewinnen, so wie das in der letzten oder vorletzten Legislaturperiode der Menschenrechtsausschuss geschafft hat, als er die Fesseln von Fraktionszwängen abgelegt hat.

Ich habe jetzt in der kurzen Redezeit über das Geld gesprochen. Natürlich ist viel mehr notwendig, um die MDGs zu erreichen. Wir haben einen umfassenden Antrag vorgelegt, in dem wir einen Global Green New Deal fordern. Wir brauchen gerechtere Strukturen in der Weltwirtschaft. Einige Kolleginnen und Kollegen haben darauf hingewiesen. Wir brauchen eine Effizienzsteigerung. Der Weg zur Institutionenreform ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber wir dürfen uns um Gottes Willen nicht davor drücken, die Zusagen einzuhalten und das Geld zur Verfügung zu stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

 

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