Aufbruchstimmung in Paraguay

Als erster deutscher Parlamentarier traf Thilo Hoppe, Vorsitzender des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in Asuncion den neu gewählten Präsidenten Paraguays, Fernando Lugo. Der als "Bischof der Armen" bekannt gewordene Lugo wird am 15. August vereidigt und will sein Land auf den Pfad einer nachhaltigen Entwicklung führen, die auch das Los der unter prekären Bedingungen lebenden Landarbeiter verbessern soll.

Wahl und Amtsantritt Lugos beenden die 61-jährige Herrschaft der Colorado-Partei, auf der auch der Schatten des deutschstämmigen Diktators Stroessner liegt. Lugo, bis 2006 Bischof der Diözese San Pedro und Exponent der "Theologie der Befreiung", holte mit der Gründung der Bürgerbewegung "Tekojoja" Paraguay aus der Lethargie heraus. "Tekojoja" ist ein Begriff aus der Sprache der Guarani-Indianer, der sich am besten mit "Gemeinsam bestimmen" oder "Demokratie" übersetzen lässt. Der Bürgerbewegung gelang es, intellektuelle Gruppen aus dem städtischen Mitte-Links-Spektrum mit den sozialen Bewegungen der Landlosen, Kleinbauern und Indigenen zu verbünden. Während es den traditionellen parlamentarischen Oppositionsparteien bisher nie gelungen war, die alles beherrschende Colorado-Partei zu bezwingen, glückte dies nun endlich am 20. April diesen Jahres in einem Wahlbündnis, zu dem neben der neuen Bürgerbewegung "Tekojoja" unter anderem auch Liberale und Christdemokraten gehören.

Während die Wirtschaftsstrategie Paraguays bisher fast ausschließlich im Export von Soja und Rindfleisch lag, was vor allem einer sehr kleinen Zahl sehr reicher Großgrundbesitzern und transnationaler Unternehmen zu Gute kam, wollen Lugo und sein Regierungsbündnis die Wirtschaft diversifizieren, Produktionsketten aufbauen, die (bisher sehr niedrigen) Steuersätze anheben, Steuerschlupflöcher schließen, soziale Sicherungssysteme einrichten und vor allem die bisher marginalisierten Kleinbauern und Indigene gezielt fördern.

Auch das heiße Eisen Landreform soll angepackt werden – zunächst an einem Runden Tisch, an dem sowohl die Eigentümer der großen Agrarbetriebe wie die Vertreter der Landlosenbewegung und der Kleinbauernverbände Platz nehmen werden. Lugo sucht den Konsens, weiß aber, dass die in Paraguay extrem ungleiche Landverteilung überwunden oder zumindest entschärft werden muss.

In dem Gespräch mit Thilo Hoppe  bestärkte der künftige Präsident sein starkes Interesse, beim Aufbau eines neuen Paraguays Erfahrungen aus erfolgreichen Projekten der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit Deutschland zu nutzen und die Kooperation auszuweiten. Die Wertschätzung der Entwicklungszusammenarbeit mit Deutschland drückt sich auch darin aus, dass aller Voraussicht nach drei ehemalige Mitarbeiter der GTZ (Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) dem neuen Regierungsteam angehören werden.

Thilo Hoppe versprach dem künftigen Präsidenten, sich mit allen Kräften dafür einzusetzen, dass Deutschland nicht – wie ursprünglich geplant – die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit auslaufen lässt, sondern die Kooperation fortsetzt und ausweitet. Die neue Regierung verdiene jede Unterstützung, um den großen Hoffnungen, die gerade die arme Landbevölkerung Paraguays in sie setze, gerecht werden zu können, erklärte Hoppe auf einer Pressekonferenz in Asuncion. Selten zuvor habe er ein so hoch motiviertes Regierungsteam erlebt, das sowohl mit Augenmaß und Mediationsbereitschaft als auch mit ehrgeizigen Zielen in Sachen Armutsbekämpfung an die Arbeit gehen wolle. "Beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit", lautete das Fazit Hoppes. Er hoffe sehr, dass die Bundesregierung flexibel genug sei, jetzt ihre Rückzugspläne zu überdenken. "Ausgerechnet in einem solch historischen Moment die ausgestreckte Hand der neuen Regierung Paraguays zurückzuweisen, wäre doch absurd", erklärte Hoppe nach Rückkehr von seiner Reise gegenüber der Presse in Deutschland.

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